Acht Prozent haben einen Notfallrucksack

30.04.2024 | Veranstaltungen

Info-Veranstaltung „Krisenfeste Ostalb“ lockt die Interessierten in die Aalener Stadthalle

Von Timo Lämmerhirt

AALEN – Haben Sie den Notfallrucksack zu Hause gepackt? Den Notfall….was? Nicht nur diese Frage ist am Donnerstagabend in der Aalener Stadthalle beantwortet worden bei der Info-Veranstaltung „Krisenfeste Ostalb“. Das Resilienzzentrum Ostalbkreis ist das erste in Deutschland gewesen. Es soll damit die Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit im Ostalbkreis gestärkt werden.

Petra Weber ist die Leiterin des Resilienzzentrums, Sabrina Günther die Koordinatorin. Natürlich waren auch diese beiden Frauen bei der Info-Veranstaltung vor Ort. „Resilienz ist Widerstandsfähigkeit und etwas, was in der Lage ist, wieder in den Ursprungszustand zurückzukehren. Heutzutage ist Resilienz aber mehr, heute geht es auch um Anpassung und man ist deswegen wesentlich widerstandsfähiger“, hat Weber die Begrifflichkeit einmal heruntergebrochen.

Doch warum gibt es nun das Resilienzzentrum Ostalbkreis? „Wir möchten den Ostalbkreis resilienter machen. Es geht darum, krisenfester zu werden, damit wir lernen, uns an die veränderten Begebenheiten besser anzupassen“, fuhr Weber fort. Dabei gehe es nicht nur darum, gewisse Strukturen resilienter zu machen, sondern auch darum, dass jeder einzelne eine Chance hat, sich krisenfester zu machen, sagte Weber. Ziel ist es außerdem, bereits Kinder und Jugendliche entsprechend vorzubereiten, vor allem aber zu informieren, was in Krisensituationen zu tun ist.

„Man soll als Kind schon lernen, dass Vorbereitung etwas Positives ist, nichts Negatives.“

Auf der Leinwand zeigten sich überflutete Straßen, ausgedörrte Flächen, kaputte Scheiben, zerstört von Hagelkörnern, umgestürzte Bäume oder abgedeckte Dächer. Gesprochen wurde bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Wort, die rund 300 Interessierten in der Stadthalle waren in den Bann gezogen. Den Abend moderierte der Kieler Dennis Wilms, der seine Popularität unter anderem der Moderation der TV-Formate „Tigerenten Club“ oder „Planet Wissen“ zu verdanken hat. Ein beklommenes Gefühl habe sich bei Wilms breit gemacht, als er diesen Film in der Vorbereitung gesehen hat. Er nannte es „maddelig“, so nennt man dieses Gefühl offensichtlich im Norden. Landrat Joachim Blase konnte ihm dieses Wort auch nicht ins Schwäbische übersetzen, so sehr er sich bemühte.

Um Eigenvorsorge und Selbsthilfe in Krisensituationen sollte es an diesem Abend gehen. „Dieses Thema hat in diesen Zeiten einen völlig anderen Stellenwert als noch vor Jahren. Wir schalten die Nachrichten ein und sehen Krisen, Naturkatastrophen, Unwetterereignisse und vieles mehr“ erklärte Wilms. Dabei müsse man gar nicht so weit in die Ferne schauen, die Wetterereignisse sind längst auch in Deutschland angekommen, sind längst auch im Ostalbkreis angekommen.

„Die Experten sind sich einig: es wird zunehmen, es wird sich häufen. Wir werden es öfter damit zu tun haben in Zukunft“, sagt Wilms. Der Fernsehmoderator möchte aber bei all den Warnungen und Vorsichtsmaßnahmen eines geklärt wissen: Diese Veranstaltung solle kein „übertriebener Alarmismus“ sein. Im Gegenteil: Der Ostalbkreis habe schließlich ein gutes Netz an hauptamtlichen und ehrenamtlichen Helfenden, „die bei der Bewältigung von größeren und kleineren Krisen bei der Bevölkerung an der Hand sind“, so Wilms weiter, Außerdem könne jeder selbst etwas tun, vorsorgen. „Das sollte man sogar.“

Dazu die Frage: Sind wir denn für potenzielle Krisen ausreichend vorbereitet? Und diese Frage richtete Wilms sogleich ans Plenum, das mittels QR-Code an einer kleinen Umfrage teilgenommen hatte. Von den rund 300 Zuschauerinnen und Zuschauern hatten gerade einmal acht Prozent einen Notfallrucksack, die meisten wussten nicht einmal, was das genau sein soll.

Joachim Bläse war vor seiner Zeit als Landrat bekanntlich Erster Bürgermeister in Schwäbisch Gmünd. Die Themen des Resilienzzentrums sind zum einen die Eigenvorsorge und Selbsthilfe, aber auch vor allem auch stabile Strukturen. „Wie kommt man durch eine Krise, wenn mal etwas passiert? Die Klima-Rahmenbedingungen, aber auch die weltpolitischen Rahmenbedingungen haben sich massiv verändert“ sagte Bläse. Er erinnerte an den Starkregen 2016, als zwei Menschen, ein 21-Jähriger und ein ehrenamtlicher Feuerwehrmann gestorben waren. „Das hat mich massiv geprägt. Vor allem die Frage: Wie gehe ich mit solchen außergewöhnlichen Ereignissen um? Mit Ereignissen, mit denen eigentlich niemand so wirklich rechnen kann, auf die man überhaupt nicht vorbereitet ist“, so Bläse.

In einer längeren Pause haben sich die Besucherinnen und Besucher noch an diversen Ständen informieren können, beispielsweise, was so alles in einen Notfallrucksack hineingehört. Sehr wahrscheinlich, dass bei der nächsten Veranstaltung mehr als acht Prozent einen gepackten Notfallrucksack bei sich im Haus verstaut haben.

(…) Heutzutage ist Resilienz aber mehr, heute geht es auch um Anpassung und man ist deswegen wesentlich widerstandsfähiger.“ Petra Weber, Leiterin des Resilienzzentrums Ostalbkreis

Eindrückliche Erfahrungen aus dem Ahrtal
In seinem Impuls hat Michael Löffler die Wucht und Schnelligkeit des Wassers verdeutlicht

AALEN (läm) – 20 Minuten die Augen schließen. Darum hat Michael Peter Löffler die Interessierten bei der Info-Veranstaltung „Krisenfeste Ostalb“ zu Beginn seines Vortrags in der Aalener Stadthalle gebeten. Ein Ticken, wie von einem Sekundenzeiger, begleitete diese Stille.

Nach diesem Moment erzählte Löffler weiter. „Jetzt wäre bereits der gesamte Saal 1,1 Zentimeter mit Wasser befüllt gewesen.“ Löffler arbeitete einst als Manager bei der Post, machte sich aber als Helfer im Ahrtal einen Namen. „Zwei Meter pro Stunde Pegelanstieg waren es in der Spitze“, blickt Löffler auf eine der größten Naturkatastrophen Deutschlands zurück. In seinem Impuls ging es vor allem darum, wie man möglichst schnell auf eine eintretende Katastrophe reagieren kann beziehungsweise sollte. „Der Zeitpunkt der Fluchtmöglichkeit ist unheimlich schnell verstrichen. Die Zeit ist ein ganz kritischer Faktor, in der eine Entscheidung zu treffen ist“, so Löffler. Auch möglicherweise paradoxe Gedankengänge, ob man nun den Fernseher vor dem Wasser retten sollte oder doch lieber sich selbst, seien Fragestellungen, die stattfinden. Da auch die Hauptstraßen recht schnell nicht mehr befahrbar gewesen waren, mussten sich zahlreiche Menschen dazu entschließen, im Ahrtal auszuharren. Es gab so gut wie kein Gebäude, das nicht von der Flut betroffen gewesen sei.

Dazu müsste man sich überlegen, was man unbedingt brauche, wenn man schnell aus dem Haus flüchten müsste. Hier sei ein Notfallrucksack eine gute Lösung. „Was ist denn in solchen Momenten wirklich wichtig? Was benötige ich?“, fragte Löffler. Er selbst habe in seinem Rucksack auch ein Plüschtier eingepackt, schließlich habe er eine Menge im Ahrtal getroffen, die rein gar nichts mehr hatten. „Es gibt einfach kein zu früh, um sein Leben zu retten“, ist Löffler überzeugt.